Jordanien Jerash

Mit Krücken zu den Sehenswürdigkeiten in Jordanien

Reisen

Von Amman nach Wadi Rum

Jordanien und seine Sehenswürdigkeiten – das stand insbesondere wegen der Felsenstadt Petra auf meiner persönlichen Bucketlist. Außerdem hatte mir eine Freundin von Land und Leuten vorgeschwärmt. Von der Liebenswürdigkeit der Menschen und deren Gastfreundschaft, den kulturellen Entdeckungen und dem Essen wollte ich mir unbedingt selbst ein Bild machen. Als dann ein Newsletter mit einem Jordanien-Angebot in mein Postfach flatterte, sich meine verbleibenden Urlaubstage mit dem Reisezeitraum deckten und auch der Preis passte, war auch schon gebucht.

Meine wichtigsten Erkenntnisse:

  • Jordanien ist absolut unterschätzt, denn es hat so viel zu bieten.
  • Eine Rundreise ist absolut lohnenswert, wobei eine Reisedauer von einer Woche eigentlich zu kurz ist.
  • Um alle Highlights in Jordanien stressfrei zu erkunden, sich auch mal eine Ruhezeit zu gönnen und das Leben auf sich wirken zu lassen, sind zehn Tage nötig, besser noch zwei Wochen. Länger geht immer.
  • Die Felsenstadt Petra muss man gesehen haben. Allein dafür lohnt sich die Reise nach Jordanien.
  • Der Golf von Akaba bietet sich regelrecht an, um die Reise gemütlich ausklingen zu lassen und die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten.
  • So wie das Hörnla zu Bamberg gehört, gehört Kunafa zu Amman: ein in Engelshaar gewickelter und in Zuckersirup getränkter Weichkäse als Dessert. Das Hörnla bleibt trotzdem mein Favorit.

Highlights von Jordanien in der Karte

Schritt für Schritt ins Glück

Natürlich stand im Kleingedruckten unserer Reise nach Jordanien, dass sie sich nur für Menschen ohne Gehbehinderung eignet. Die hatte ich ja auch nicht. Zumindest nicht bis ein paar Tage davor. Da hieß es: erneute Entlastung der rechten Hüfte mithilfe von Unterarmgehstützen nach einer vorangegangenen Operation. Wird schon irgendwie gehen, dachte ich, packte ein Tupperschüsselchen mit Thrombose-Spritzen in meine Tasche, legte eine Rolle Fingertape dazu, schnappte meine blauen Krücken und schleppte mich ins Abenteuer. Und es wurde eins.

Ich kämpfte mich durch die kilometerlange Felsenschlucht nach Petra. Ich krabbelte auf den Rücken eines Kamels. Ich wuchtete mich auf die Ladefläche eines Pick-ups. Ich balancierte durch Löcher in Zäunen und Mauern. Ich hievte mich bei Sturm zum Baden ins Tote Meer und krabbelte wieder hinaus. Alles wie ein Fisch auf Landgang, als er das erste Mal die Schwerkraft an seinen Flossen spürt.

Eine Woche außerhalb der Komfortzone. Und mit jedem Schritt und jeder Treppenstufe, die mich meine Arme stützten, wurden die Schwielen und Blasen an meinen Händen dicker. Und am siebten Tage, als ich mich im Rollstuhl zum Flieger bringen ließ, versiegten meine Tränen. Aber jetzt erst mal von vorn.

Madaba: Geschichte nonstop

Dabei sollte es eigentlich eine ganz entspannte Reise werden. Wir wollten die paar freien Tage zwischen Weihnachten und Neujahr optimal nutzen. Mit einer kleinen Gruppe Unbekannter die Sehenswürdigkeiten in Jordanien bestaunen. Die biblischen Ausmaße dieser Sehenswürdigkeiten hatten wir dabei jedoch nicht bedacht. Denn am Ufer des Toten Meers war es, dass Lots Frau zur Salzsäule erstarrte, als sie nach Sodom zurückschaute. Vom Berg Nebo blickte Moses ins Gelobte Land, ohne es selbst betreten zu dürfen. Auf dem Bodenmosaik in der Kirche von Madaba sind diese und viele weitere biblische Orte kartiert. Die Mosaikkarte gilt als die älteste erhaltene Landkarte des Heiligen Landes. Das Google Maps der Antike, wenn man so will.

Stundenlang kann man sich von Mosaiksteinchen zu Mosaiksteinchen und von Detail zu Detail hangeln und darüber sprechen. Zumindest unser Guide. So ausdauernd er jede biblische Geschichte wiedergeben konnte, so weltfremd war er. Während er erzählte, vergaß er nicht nur die Zeit, sondern auch die menschlichen Bedürfnisse. Unsere Bedürfnisse. Denn er selbst hatte diese nicht. Er aß nicht. Er trank nicht. Und er musste auch nicht aufs Klo. Alles, was er brauchte, war eine Packung Zigaretten am Tag.

Doch auch unser straffes Besichtigungsprogramm ließ kaum eine Pause zu. Von Amman nach Wadi Rum sollte es gehen, mit Zwischenstopps In Madaba, Kerak, Dana und Jerash. Nie gehört? Ich auch nicht! Dabei beheimatet Jerash eine der am besten erhaltenen griechisch-römischen Städte. Dana ist eines der größten Naturschutzgebiete und Nationalparks in Jordanien mit unglaublichen Ausblicken. In Kerak steht die historisch bedeutendste und größte Kreuzfahrerburg des Landes. Beeindruckend, aber unbekannt. Nicht so wie die Felsenstadt Petra und das Tote Meer.

Totes Meer: Einfach treiben lassen

Das Tote Meer fasziniert mich schon seit meinen Kindheitstagen. Völlig unbegreiflich der Gedanke, dass man darin nicht untergehen kann. Und das alles nur wegen einer Prise Salz. Am Toten Meer sein, reichte mir nicht. Ich musste ins Tote Meer. Das Schweben im und auf dem Wasser selber spüren. Wenn es alle Gliedmaßen des Körpers nach oben drückt und man nur mit größter Anstrengung dagegen ankommt. Während unserer Jordanien-Reise war nur eine kurze Stippvisite am Toten Meer geplant. Vielmehr wurde es nur eine kurze Stippvisite, da wir vorher den ausführlichen Bibelgeschichten unseres Guides vor der Mosaikkarte in Madaba lauschen mussten.

Pünktlich als wir gegen Abend endlich in unserem Hotel ankamen, verdunkelte sich der Himmel und der Wind frischte auf. Ein Unwetter stand bevor. Also schnell rein in die Badeklamotten, mit dem hoteleigenen Shuttle Richtung Badestrand fahren lassen, die letzten Stufen nach unten nehmen und ab ins Wasser. Auf dem steinig-sandigen, nachgebenden Untergrund war das mit Krücken kein leichtes Unterfangen. Das Wasser aufgewühlt und wellig, voller Schaumkronen, etwas Treibholz und vom Meer mitgebrachte Dinge, bevor sie an den Ufersaum gespült werden. Und ich trieb mittendrin. Die Wellen nahmen mich in ihren Rhythmus, schaukelten mich hin und her, als wäre auch ich ein Stück Treibholz. Ich war so sehr darauf bedacht, nicht ans Ufer geworfen zu werden, dass das Im-Wasser-Schweben zur Nebensache wurde.

Entspannung mal anders

Ich habe Entspannung erwartet. Doch statt wie eine Feder zu schweben, war ich ein Spielball der Wellen, bis ich erschöpft an den Strand zurück kroch. Was ich beim Gedanken daran aber noch heute spüre, ist dieser schmierig-seifige Film auf der Haut, dieser glitschige Überzug am ganzen Körper, der sich beim Trocknen langsam in eine feine Salzkruste verwandelt. Ein stiller Beweis dafür, dass ich wirklich im Toten Meer gewesen bin.

Felsenstadt Petra: Traumerfüllung trotz Hindernissen

Wie oft hatte ich schon mit offenen Augen von Petra geträumt. Wie ich diese enge Schlucht entlanglaufe, zwischen den roten Felswänden verharre, den Blick nach oben richte, staunend, erwartungsvoll, voller Vorfreude. Bis zur letzten Biegung, die den ersten Blick auf das Schatzhaus freigibt. Dieses in den Fels geschlagene Meisterwerk der antiken Architektur. Wie sich meine Schritte auf den letzten Metern beschleunigen, um es endlich in voller Pracht und Größe bewundern zu können.

Ein Erlebnis, das man sich selbst erlaufen muss. Was in meinen Träumen nicht vorkam, waren Golfcarts, die die Touristen bis vors Schatzhaus karrten. Doch auch mit meiner temporären Einschränkung hielt ich an meinem Traum fest. Ich lief durch den Siq. Mit Krücken. Und ich verfluchte mich bei jedem einzelnen Schritt dafür. Bis zu jener letzten Biegung, die mir Gänsehaut und einen dieser seltenen Momente der absoluten Demut und Dankbarkeit bescherte.

Dabei hatten wir bei unserem Besuch mal wieder unfassbares Glück: Kaum hatten wir das Schatzhaus erreicht, wunderten wir uns über das Chaos in der Schlucht. Überall Geröll und lose Steine, der Weg nicht als solcher zu erkennen, die Souvenir-Händler mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Kein Wunder: Am Tag zuvor musste Petra wegen sintflutartiger Regenfälle evakuiert werden. Die Wassermassen strömten kaskadenartig die Felswände herunter und das Wasser in der Schlucht stieg immer weiter. Angesichts des blauen Himmels und des strahlenden Sonnenscheins am Tag danach konnten wir es kaum glauben.

Der steinige Weg zurück

Vom Schatzhaus ging es noch einige Kilometer weiter, vorbei am antiken Theater, dem Badehaus, den Höhlenwohnungen. Nach vielen Pausen erreichte auch ich das Ende des Hauptwegs. Kraftlos, ohne weitere Reserven. Zurücklaufen: keine Option. Nur noch ein paar Dinar in der Tasche. Jeder Ritt mit einem Pferd oder Esel unerschwinglich. Die Verzweiflung groß. Mit taktischem Verhandlungsgeschick – oder auch unverschämtem Feilschen um den günstigsten Preis – ergatterten wir immerhin einen Kamelritt für mich.

Mit vereinten Kräften, Drücken, Schieben und Ziehen bestieg ich das arme Tier. Die Krücken wurden hinten seitlich am Kamel verstaut und ich klammerte mich krampfhaft fest. Denn so ein Kamel ist ganz schön steil, hoch und wackelig, wenn es sich plötzlich vom Boden erhebt und in Bewegung setzt. Aber in dem Moment war alles besser, als selbst zu laufen. Wieder am Schatzhaus angelangt, gab es nur noch den Siq zu bewältigen. Da der Rückweg nie Bestandteil meiner Träume war, war das Golfcart jetzt also erlaubt – und ohnehin die einzige Möglichkeit, pünktlich zum Parkplatz und Treffpunkt zurückzukommen. Ohne Dinar in der Tasche und ohne Möglichkeit zur Kartenzahlung investierte ich meine letzten 50 Euro. Denn irgendwann ist einfach alles egal.

Schmerzhafte Erinnerungen

Was sich von meinem Besuch in der Felsenstadt Petra in mein Gedächtnis eingebrannt hat, ist das Bild des Schatzhauses gepaart mit dem Gefühl des unendlichen Glücks. Auch jede Stufe zu den Ruinen, dem römischen Theater und dem Badehaus bleibt mir in Erinnerung. Denn anstatt sie tänzelnd zu erklimmen, war mir jeder Schritt so schmerzhaft bewusst. Und so ist es auch dieser Kampf gegen mich selbst, der untrennbar mit Petra verbunden ist. Wie der Kampf ausgegangen ist? Unentschieden, würde ich sagen.

Jerash: in Stein gemeißelte Geschichte

Eine antike römische Stadt mitten in einer modernen Stadt. Das Pompeji des Nahen Ostens. Jerash würde vermutlich zahlreichen anderen antiken Städten den Rang ablaufen, wenn es UNESCO Weltkulturerbe wäre. Ist es aber nicht. Zu viele Fehler wurden bei der Restaurierung gemacht, keine internationalen Standards eingehalten. Und auch wir waren überrascht, dass wir einfach über die Mosaiken spazieren konnten, aus denen sich nach Hunderten von Jahren und unter den Füßen von Tausenden Touristen die Steinchen lösen. Die Ornamente und Mäander dem Verfall ausgesetzt. Die römische Stadt so weitläufig, dass große Teile davon längst vom modernen Jerash überbaut sind. Antike Steine wurden in Unwissenheit oder Ignoranz zusammengeklaubt und zu neuen Architekturen zusammengesetzt.

Ebenso wie die 56 ionischen Säulen des ovalen Forums. Einst umgestürzt und zerbrochen, wurden sie wieder zusammengesetzt, sodass sie heute von Neuem majestätisch aufragen und einen Eindruck davon vermitteln, wie beeindruckend das Forum gewesen sein muss. Die gut erhaltenen Ruinen des Hippodroms, mehrerer Theater, eines Marktplatzes, eines Nymphaeums und der Thermen lassen uns das pulsierende Leben spüren. Alles verbunden mit breiten Straßen, gesäumt von Bordsteinen. Besonders bemerkenswert eine Kreuzung mit Straßenbeleuchtung: In die Wände eingelassene Nischen, die zur damaligen Zeit mit Öllampen bestückt waren, um die Straße bei Nacht zu beleuchten und den Bewohnern ein sicheres Heimkommen zu ermöglichen.

Erneut fühle ich mich in der Zeit zurückgeworfen und staune. Über diese antike Stadt. Die Weitläufigkeit und Größe dieses Freilichtmuseums, in dem man in jeden Winkel vordringen kann. Über Plätze spazieren, zwischen Säulen flanieren, die Tunnel und Gänge des Theaters besichtigen. Und ich staune über mich selbst, die dieses archäologische Juwel nicht in Jordanien erwartet hätte.

Wadi Rum: wie im Film

Unendliche Weite, Reifenspuren im roten Sand, Dünen und majestätische Berge. Darüber ein Himmel in seinem strahlendsten Blau. Immer wieder Kamele und Jeeps. Habe ich mir so die Wüste vorgestellt? Ein Tal, das in seiner lieblichen Perfektion an eine Spielzeuglandschaft erinnert. Die Berge etwas zu weit auseinander. Der Zwischenraum mit feinem Sand aufgefüllt und festplaniert. Eine einzige flache Ebene bis zum Horizont oder mindestens zum Fuß der Berge. Das Wadi Rum zeigt mir, dass jede Wüste anderes ist. Jede auf ihre eigene Weise unwirtlich und wunderschön zugleich.

Ein Pick-up bringt uns ganz nah ran an die Berge aus Sandstein und Granit, die roten Felsenbrücken und die Schlucht mit ihren Petroglyphen. Doch die Zeichnungen und Inschriften aus längst vergangenen Tagen bleiben für mich unerreichbar. So nah und doch so fern. Ich bin froh, es mit meinen Krücken überhaupt einmal auf die hart gepolsterte Sitzbank auf der Ladefläche des klapprigen Pick-ups geschafft zu haben, dass ich es kein zweites Mal probieren möchte, ab- und wieder aufzusteigen. Während der Rest der Gruppe die Felsmalereien begutachtet, genieße ich es, einfach mal allein zu sein und verträumt das Panorama zu genießen. Dick eingekuschelt in meine Winterjacke. Denn obwohl die Sonne vom Himmel brannte, machte die klare, wolkenlose Luft die Kälte deutlich spürbar.

Immerhin können wir unserem Guide entlocken, dass die spektakuläre Landschaft mit ihren riesigen Sanddünen und zerklüfteten Felsen als Kulisse für zahlreiche Filme diente, allen voran Lawrence von Arabien. In den vergangenen Jahren verwandelte sich die Szenerie eines roten Wüstenplaneten in den Drehort für Blockbuster wie Star Wars, der Marsianer oder Dune.

Golf von Akaba: endlich Meer

Gerade noch in der Wüste, sind wir plötzlich schon am Meer. Am richtigen Meer. Mit Glasbodenbooten, Yachthafen und Fischrestaurants. Und mit einem 130 Meter hohen Fahnenmast, an dem sich die jordanische Flagge sachte im Wind bewegt. Der Fahnenmast ist einer der größten der Welt, heißt es. Er ist weithin sichtbar und erinnert an die Schlacht von Akaba im Jahr 1917.

Im Gegensatz zu unseren bisherigen Stationen, hat Akaba kaum etwas zu bieten – zumindest aus der Sicht unseres Guides. Es gibt keine Bibelgeschichten zu erzählen und auch keine Ruinen zu bestaunen. Wir wenden uns zu unserer aller Freude den weltlichen Dingen zu. Nach einem opulenten Abendessen in einem Fischrestaurant und einem reichhaltigen Frühstück sind wir gut gestärkt für alle weiteren Abenteuer. Die Fahrt mit einem Glasbodenboot zum Beispiel. Das Boot ist eher ein Bötchen, der Glasboden eher ein Guckloch ins Wasser. Das Einsteigen mit den Krücken ist eine eher wackelige Angelegenheit und die Lufttemperatur assoziiere ich eher mit Whalewatching in Island als mit Fischkino im Roten Meer. Bald schon erscheinen im Guckloch die ersten Fische, die Überreste eines Panzers und ein als künstliches Riff versenktes Flugzeugwrack.

Und dennoch: Ein paar erholsame Tage hier am Meer, Sonne auf der Haut und eine angenehme Brise wären jetzt nach all den wunderschönen Strapazen eine willkommene Abwechslung. Doch für uns heißt es: weiter, weiter, immer weiter.

Dana: endlich Landschaft und Natur

Das Naturreservat Wadi Dana ist eine weitere unerwartete Überraschung in Jordanien für mich. Auf einer Fläche von rund 300 Quadratkilometern finden sich weitläufige Landschaften mit schönsten Schluchten und Plateaus. Sie beheimaten Hunderte Pflanzen- und Tierarten, darunter bedrohte Spezies. Und natürlich gibt es auch hier einige Ruinen – und zuckersüße, kleine, flauschige Hundewelpen.

Auf dem Weg ins Dorf Dana halten wir an einem Aussichtspunkt. Ein kleiner Parkplatz, ein Kiosk, ein Klo. Sonst nichts. Ich nehme auf einer kleinen Holzbank vor dem Kiosk Platz, während der Besitzer einen frischen arabischen Kaffee aufbrüht. Ich sitze da, das Aroma der zerstoßenen Kardamomkapseln auf der Zunge, den Blick in die Weite gerichtet. Die Sonnenstrahlen durchbrechen die Wolken und bohren sich wie Laserstrahlen in die Landschaft.

Berg Nebo: echte Bibelgeschichte

Berg Nebo ist der biblische Ort, von dem aus Moses ins Gelobte Land blickte. Bei gutem Wetter und klarer Sicht reicht der Blick über das Tote Meer bis nach Jerusalem. Bei schlechtem Wetter nicht. So auch bei unserem Besuch. Alles war wolkenverhangen und neblig, es regnete in Strömen, die Sicht war kleiner-gleich-null. Einzig die Mosaiken in der Kapelle und einige Gedenktafeln außerhalb waren zu sehen. Selbst die Skulptur eines Kreuzes, das von einer Schlange umschlungen wird, schien der Nebel zu verpixeln.

Die Mosaiken müssen beeindruckend sein, zeigen sie doch allerlei florale und tierische Motive, die mit geometrischen Formen kombiniert sind. Da für mich Starkregen, Krücken und Berg nicht nach einer Erfolgsgeschichte klingen, habe ich mir den Weg zu den Mosaiken gespart – bin aber ehrlich traurig darüber, sie nicht gesehen zu haben.

Kerak: mittelalterliche Kreuzritterfestung

Die Burg Kerak lässt seine Besucher tief in die mittelalterliche Geschichte Jordaniens eintauchen. Sie wurde im 12. Jahrhundert errichtet und galt lange Zeit als wichtiger Stützpunkt auf den Handelsrouten. Die Steinmauern sind teilweise meterdick, die verschachtelten Räume und verschlungenen Gänge erinnern an ein riesiges Labyrinth.

Amman: Zitadelle, Moschee und Souk

Es geht zurück nach Amman, den Ausgangspunkt unserer Reise. Hunderte Kilometer Fahrt. Zu Beginn stehen zahlreiche Obst- und Gemüsestände neben der Straße, die bunte Auslage ordentlich drapiert. Vereinzelt zeigen sich Kamele, sie sind locker in der Landschaft verstreut. Schon bald fallen mir die Augen zu und öffnen sich erst wieder, als sich die Fahrt kurz vor Amman verlangsamt. Die lockere Besiedlung verdichtet sich zusehends. Während der Blick nach rechts noch ländliche Szenen offenbart – ein Kamel vor einer Badewanne auf einer Anhöhe im Sonnenuntergang – erhebt sich vorne eine moderne Stadt mit ihren Hochhäusern aus dem Abendlicht. Es wirkt etwas bizarr.

Der Besuch des römischen Theaters und der Zitadelle in Amman sind Formsache. Dort bei den letzten Sonnenstrahlen des Tages auf einer Bank sitzen und verschnaufen, während von den umliegenden Minaretten die Gebetsrufe der Muezzin ertönen: unbezahlbar.

Souks in Amman

Kaum hat sich der Tag der Dunkelheit ergeben, schieben wir uns mit vielen anderen Menschen durch die engen Gassen der Souks. Obst-und-Gemüse Souk, Gewürz-Souk, Gold-Souk: In Downtown-Amman schließt ein traditioneller Markt an den anderen an.

Uns fällt auf, dass wir nur von Einheimischen umgeben sind. Und so fallen wir auch den Einheimischen auf. Meine Krücken tun ihr übriges dazu. Es dauert nicht lange, bis mir zwischen orientalischen Gewürzen und getrockneten Datteln (die besten, die ich je gegessen habe) ein Mann hinterherläuft. Er lässt nicht locker. Seine Absicht: ehrenhaft. Als ich ihm endlich meine Aufmerksamkeit schenke, zückt er sein Smartphone und deutet aufs Display. Erst sehe ich nur die arabische Schrift, doch gleich darunter die englische Übersetzung: Er hat mich mit meinen Krücken gesehen, hofft, dass es mir bald besser geht und wünscht mir alles Gute. Er lächelt und nickt mir noch aufmunternd zu, ehe er im Getümmel verschwindet. Unser Guide sieht, wie irritiert ich bin und lacht: „So sind die Menschen hier, wir sind freundlich und sorgen uns umeinander. Das ist hier normal“. Ein schönes normal, das ich mir auch daheim viel öfter wünsche.

Blaue Moschee

Die König-Abdullah-Moschee mit ihrer blauen, mosaikverzierten Hauptkuppel ist schon von Weitem zu sehen und gilt als eines der Wahrzeichen Ammans. Auf die Farbe der Kuppel ist auch der landläufige Name zurückzuführen: blaue Moschee. Die Moschee ist ganz schön groß und kann von außen und innen bestaunt werden. Für mich war es das erste Mal, dass ich eine Moschee besichtigt habe, daher fand ich den Besuch sehr interessant. Im ganzen Tohuwabohu, mir den nicht ganz bodenlangen dunklen Umhang überzuwerfen und mit meinen Krücken klarzukommen, habe ich meine Tasche bei den Umhängen liegen lassen. Aber: Die Menschen in Jordanien sind nicht nur freundlich und fürsorglich, sie sind auch ehrlich. Und so lag meine Tasche auch noch da, als ich meinen Verlust bemerkte und mit meinen Krücken wieder angehinkt kam. Ein weiterer unbezahlbarer Moment auf unserer Jordanien-Rundreise.

Abseits ausgetretener Pfade

Neben den vielen bekannten Sehenswürdigkeiten hat Jordanien noch so viel mehr zu bieten:

  • Die antike römische Stadt in Jerash erstreckt sich weit über das eingezäunte und als Museum zugängliche Areal. Irgendwo im Nirgendwo liegt ein antiker Pool, ein durch eine dicke Mauer unterteiltes Wasserbecken, das anno dazumal von einem Bach gespeist wurde und den Herrschaften als Schwimmbad diente. Der Pool scheint heute in Vergessenheit geraten, außer uns ist keiner da.
  • Irgendwo im Nirgendwo gleich neben einer viel befahrenen Straße führt ein kleiner Trampelpfad durch piksendes Gestrüpp, ein kleines Loch im Zaun, ein größeres Loch in einer Mauer und ein paar Meter einen Hang hinauf zu einer heißen Quelle. Das warme Wasser rinnt kaskadenartig den Hügel hinab, sammelt sich in kleinen Becken und fließt weiter. Auch hier: nur einige wenige Einheimische.
  • Unmittelbar am Ufer des Toten Meeres, etwas oberhalb auf einem Felsen steht eine Salzsäule. Den Erzählungen nach ist es die zur Salzsäule erstarrte Frau von Lot.
  • In Ajloun steht eine weitere mittelalterliche Festung. Sie erhebt sich über die Stadt und bietet einen super Blick über das Land. Die Burg wurde bei einem Erdbeben fast vollständig zerstört und später wieder aufgebaut.
  • Little Petra ist die kleine Schwester von Petra. Nicht so groß und nicht so rot, aber trotzdem einen Abstecher wert.

Wie wir zu den kleinen, geheimen Orten gekommen sind? Unser Fahrer hat uns hingeführt. Er hat keinen Umweg gescheut, um uns die ganze Schönheit Jordaniens zu zeigen.

Essen und Trinken in Jordanien

Jordanien fasziniert in vielerlei Hinsicht. Die freundlichen, aufmerksamen und zuvorkommenden Menschen sind für mich das Herz des Landes. Die geschichtsträchtigen Sehenswürdigkeiten in Jordanien sind die Seele. Und das Essen ist die Stimme. Sie erzählt, ohne Worte zu gebrauchen. In Jordanien führt diese Stimme die Menschen zusammen. Wir essen gemeinsam, wir teilen, wir lachen, wir genießen.

Ganz egal, ob es ein frisch gepresster Zuckerrohrsaft auf dem Souk ist, ein Fladenbrot mit orientalischen Gewürzen, das in Akaba in einer Garage in einem Hinterhof verkauft wird oder ein geselliges Abendessen in einem gehobenen Fischrestaurant. Alles hat seinen Platz, alles hat seinen Reiz. Auch das leckere Schafsgericht, das ich in einem ägyptischen Lokal esse und genau erklärt bekomme, wie ich das Fleisch zerlege. Oder die Kunafa, das warme Dessert aus fädenziehendem Weichkäse und Engelshaar. Nicht zu vergessen: Die süßen Datteln, die so saftig, frisch und groß sind, dass ich seitdem keine anderen mehr essen wollte. Es heißt: Liebe geht durch den Magen. Und nichts anderes ist es, was in Jordanien passiert.

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Unsere aktuelle Reise führt uns quer durch Südamerika – über endlose Straßen und die Anden bis ans Meer. Wenn dir unsere Geschichten gefallen, freuen wir uns über Großes, Kleines, klein Gefaltetes oder einfach eine digitale Spende über PayPal. Das hilft uns dabei, weiter unterwegs zu sein und unsere Reisegeschichten mit dir zu teilen. Danke für deine Unterstützung!

Hier schreibt Andrea

Am liebsten bin ich draußen unterwegs, mache einfach mein Ding und schreibe hin und wieder darüber.

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