Mercedes Camper in Norwegen

Camper ausstatten für Südamerika

Outdoor

Warum denn bitte mit dem Benz?

Pläne sind dazu da, um sie über den Haufen zu schmeißen, sobald ein noch besserer Plan auftaucht. Ursprünglich hatten wir vor, unseren silbergrauen Mercedes Marco Polo Horizon zu verkaufen, nach Buenos Aires zu fliegen und von dort aus mit Bus, Bahn oder Flugzeug den südamerikanischen Kontinent zu bereisen. Einmal von Nord nach Süd, von Ost nach West. Mal im Hostel, mal im Hotel.

Doch wie so oft, kam alles anders. Irgendwann zwischen Routenplanung und Abschiedsgedanken merkten wir, dass wir unseren Bus gar nicht hergeben wollten. Aus der Idee einer Rucksackreise wurde der Plan, mit unserem Marco Polo selbst die Panamericana zu erkunden. Zumindest Teile davon. Das bedeutete neue Pläne, neue Listen, neue Herausforderungen. Aber das ist das Schöne am Reisen: Es beginnt oft genau dort, wo der ursprüngliche Plan endet.

Irgendwann vor ein paar Jahren konnten wir uns endlich unseren lange gehegten Traum einer Mercedes V-Klasse erfüllen. Nein, es sollte ausdrücklich kein VW-Bus sein. Und nein, wir wollten damals auch keinen Marco Polo mit Vollausstattung. Vielmehr sollte das Auto alltags- und damals vor allem tauchtauglich sein. Wir wollten darin schlafen und es uns gemütlich machen können. Ein Camping- und Espressokocher gehörten zur Standardausrüstung, ebenso die obligatorische Lichterkette, die Ersatzlichterkette und die Anti-Mücken-Kerze. Alles in depressiv-grauen Euroboxen sauber verräumt. Bald schon rüsteten wir auf: Ein Porta Potti musste her. Dann noch Thermomatten für die Fenster, ein Moskitonetz für die Tür, Getränkehalter für die Fahrt.

Wer braucht schon einen Basilikum, wenn er mit einem Bonsai verreisen kann? Er durfte zu Beginn unserer Camping-Karriere auf keiner Fahrt fehlen und begleitete uns nach Kroatien und Norwegen. Zurück in Deutschland erkannten wir seine suizidalen Absichten leider zu spät.

Das Dilemma

Kaum hatten wir alles beisammen, war die Corona-Pandemie auch schon wieder vorbei. Anstatt Österreich, Italien und Kroatien führten schnell wieder Sehnsuchtsziele wie die Azoren, Bali und Chuuk unsere Reiseliste an. Und unsere V-Klasse? Die wurde zum Reiseort zweiter Klasse degradiert. Statt Berge und Meer standen Wertstoffhof und Samstagseinkäufe auf dem Programm. Ein schlechter Tausch. Und jetzt, da das große Abenteuer beginnt, zeigt sich unsere V-Klasse gänzlich ungeeignet.

Verkaufen schien uns die vernünftigste Option zu sein. Wenn da nicht dieser enorme Wertverlust wäre. Außerdem hatten wir uns mit dem Reisemobil unseren großen gemeinsamen Traum erfüllt. Zwei Nächte auf irgendeinem Campingplatz brachten Klarheit. Da saßen wir abends ganz gemütlich auf unseren Campingstühlen vor dem Bus, blickten uns bei einem alkoholfreien Kaltgetränk tief in die Augen und beschlossen, abermals unvernünftig zu sein: Der Benz muss mit.

Der Ausbau

Sobald die Entscheidung stand, war der Rest Formsache. Statt Aufhübschen für den Verkauf hieß es jetzt Auf- und Umrüsten für die Reise. Denn die bisherige Wunschausstattung erschien uns für unser neuestes Vorhaben gänzlich ungeeignet. Der Klapptisch: unpraktisch. Das Bettmodul: platzraubend. Die Chemietoilette: untauglich. Außerdem fehlte die Küche. Und der Strom kommt auch nicht mal eben aus der Steckdose. Ein bisschen Autarkie musste her.

Stauraum und Küche

Nachdem wir verschiedene Möglichkeiten abgewogen haben, fiel unsere Entscheidung auf eine Campingküche, ein Schrankmodul und Fenstertaschen des Campingausrüsters VanEssa. Im Kofferraum haben wir nun ein Modul mit kleiner Spüle samt Wasserkanister und Tauchpumpe, eine Kompressor-Kühlbox, einen Campingkocher und Stauraum für Geschirr/Lebensmittel. Ob der Campingkocher mit den Gaskartuschen praktikabel ist, werden wir dann vor Ort in Südamerika herausfinden.

In den hinteren Seitenfenstern sind jetzt geräumige Taschen mit einem Volumen von jeweils fast 50 Litern untergebracht. Im Schrankmodul im Innenraum findet die Trockentrenntoilette Platz. Außerdem eine weitere Schublade – und ein Brett, das den bisherigen Tisch ersetzt.

Strom und Solar

Unser Marco Polo Horizon hat zwar eine Starterbatterie und eine Zusatzbatterie, das reicht aber nicht, um autark unterwegs zu sein. Wir entschieden uns dafür, die vorhandene, aber ohnehin schon angeschlagene Zusatzbatterie gegen eine Lithium-Ferrophosphat-Batterie (LiFePO) zu tauschen.

Zwei Solarmodule auf dem Dach generieren Strom, der in die Batterien eingespeist wird. Die beiden Solarpaneele haben wir auf ein Alublech verklebt, das wiederum mit Nutensteinen in der C-Schiene auf dem Dach verankert ist. Die Kabeldurchführung von außen nach innen erfolgte durch den Zwischenraum am Heckklappenscharnier zu einer wasserdichten Flanschdose von Philippi, die auf einer Kunststoffabdeckung über dem Rücklicht verschraubt ist. Vorteil: Kein Loch in der Karosserie, sondern nur ein kleines Loch in der Abdeckung, die sehr einfach und günstig ersetzt werden könnte.

Saubere Sache

Der Rest der Technik wie Ladebooster, Shunt, zusätzliche Sicherungsdose und Solar-Lageregler fanden ihren finalen Platz nach einigem Tüfteln und unzähligem Batterieaus- und einbauen unter dem Fahrersitz. Außer der Flanschdose im Heck und der neuen 12V-Steckdose im Kofferraum für die Küche ist das neue Feature unsichtbar.

Unser besonderer Dank geht an dieser Stelle an unseren guten Freund Niels, ohne dessen akribische und fachmännische Planung und die mehrtägige tatkräftige Unterstützung bei der Umsetzung das alles nicht so problemlos geklappt hätte. Also mit anderen Worten: ohne Niels, kein Solar. Da die Solarpaneele nicht direkt mit dem Dach sondern mit dem Alublech verklebt sind, ist jederzeit ein problemloser Rückbau möglich.

Für den Fall, dass wir auf einem Stellplatz im Schatten stehen, nutzen wir ein drittes Solarmodul als Solartasche. Dieses können wir mit einem 10-Meter-Kabel flexibel in der Sonne platzieren.

Der Zwischenfall: neues Dach

Ein Projekt ohne Zwischenfälle wäre wie ein Auto ohne Ärger. Zu den bisherigen Problemen mit Steuergerät, Sicherungen, Schiebetüren und den ununterbrochen quietschenden Bremsen gesellte sich jetzt auch noch ein Dachschaden. Ein bei Mercedes offensichtlich bekanntes Problem, das uns dann doch zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt überraschte. Beim Planen der Solarversorgung und dem damit verbundenen Check der Gegebenheiten zeigten sich auf dem Dach zahlreiche Blasen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Das komplette Aufstelldach musste getauscht werden. Dafür stellte das Autohaus einen Kulanzantrag, den Mercedes zu unserer Freude bewilligte. Das Autohaus bestellte die für den Austausch notwendigen Teile – also das Dach – und wir vereinbarten einen Termin. Doch kaum war das Auto in der Werkstatt und wir wieder daheim, erhielten wir einen Anruf: Das Dach ist noch nicht da und keiner weiß, wo es ist. Vielleicht irgendwo zwischen Nürnberg und Germersheim, vielleicht aber auch nicht.

Die Skepsis gegenüber der Fachkompetenz der Fachwerkstatt stieg, nachdem das gleiche Autohaus bei einem vorherigen Werkstattbesuch nicht wie beauftragt die defekte Starterbatterie, sondern die Zweitbatterie getauscht hatte. Was blieb, war ein ungutes Gefühl. Wir hofften, dass wir nach dem Tausch des Dachs noch immer ein funktionierendes Schiebedach und C-Schienen haben, auf denen wir unsere Solaranlage montieren können.

Neues Dach, neue Gasfeder

Im zweiten Anlauf klappt das Vorhaben. Das alte Dach ist runter, das neue Dach ist drauf. Es ist silbergrau und auch das Dachfenster ist da, wo es sein soll. Alles ist mit viel Kleber verklebt. Mit noch mehr Kleber. Und mit einer klebrigen Wulst. Der vorher helle Himmel unseres Mercedes ist nun stellenweise nicht mehr ganz so unversehrt. Wir sind trotzdem guter Dinge und haben dem neuen Aufstelldach auf der Fahrerseite auch gleich eine verstärkte Gasfeder spendiert. Denn das zusätzliche Gewicht der Solarmodule zwingt das Dach leicht in die Knie. Und es wäre doch schade, wenn unsere Reise endet, weil wir vom zusammenklappenden Autodach erschlagen werden, während wir einfach nur schlafen wollen.

Der zweite Zwischenfall: neue Standheizung

Kaum war das Dach an Ort und Stelle, streikte die Warmluft-Standheizung. Sie brach ständig den Heizvorgang ab und zeigte eine Fehlermeldung an, die einen Komplettaustausch unumgänglich machte. Wohlgemerkt ohne jegliche Kulanz.

Der dritte Zwischenfall: neue Stoßstange

Das Dach war an Ort und Stelle. Die Standheizung war getauscht und heizte wieder. Die Bremsen waren inzwischen auch neu, da sich der alters- und kilometerbedingte Verschleiß zeigte. Die Vorfreude stieg – bis zum nächsten Dämpfer. Irgendein ******* rammte uns beim Ausparken. Die Stoßstange und Aufhängung waren hinüber, der Verursacher flüchtig. Inzwischen wurde es eng für weitere Werkstattbesuche, aber wir bleiben zuversichtlich.

Was sind deine Erfahrungen mit dem Camper-Ausbau? Oder hast du vielleicht praktische Tipps für uns? Schreib uns einen Kommentar!

Digitale Kaffeekasse

Unsere aktuelle Reise führt uns quer durch Südamerika – über endlose Straßen und die Anden bis ans Meer. Wenn dir unsere Geschichten gefallen, freuen wir uns über Großes, Kleines, klein Gefaltetes oder einfach eine digitale Spende über PayPal. Das hilft uns dabei, weiter unterwegs zu sein und unsere Reisegeschichten mit dir zu teilen. Danke für deine Unterstützung!

Hier schreibt Andrea

Am liebsten bin ich draußen unterwegs, mache einfach mein Ding und schreibe hin und wieder darüber.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert