Was macht man, wenn man näher an der 40 als an der 30 ist und das Leben selbst plötzlich die Entscheidungen trifft? Richtig, man hinterfragt eben jenes kritisch-kreativ. Man merkt, dass die Hurra-ich-liebe-meinen-Job-Euphorie über die Jahre nahezu unbemerkt einem unüberwindbaren Arbeit-nervt-Gefühl gewichen ist. Jeder Jobwechsel ein vergeblicher Versuch, diese Arbeitsfreude wiederzufinden. Direktproportional zum Frust, jeden Tag viel zu leisten, aber nichts zu bewirken, wächst die Abneigung gegen Menschen. Gegen dieses lästige Übel, das sich Gesellschaft nennt.
Die Sehnsucht nach innerer Ruhe, endloser Weite, dem Blick über den Horizont hinaus und der Natur fordert ihren Raum. Und sie hat jede Menge guter Argumente im Gepäck. Abwägen nicht nötig, denn alle Zeichen stehen auf Veränderung, auf innerem Sturm. Der Bauch ganz klar, der Kopf voller Zweifel. Was aber, wenn man diesem Bauchgefühl nachgibt? Ihm vertraut. Dem Leben vertraut, das die Entscheidungsgewalt längst für sich beansprucht. Dann wagt man das, wofür man andere insgeheim bewundert, um gedanklich ein ‚das würde ich mich selbst nie trauen‘ hinterherzuschieben.
Bis der letzte Anstoß kommt. Plötzlich macht man einen Plan. Man verwirft ihn. Man spult zurück und wieder vor. Man liegt nachts wach. Man denkt. Man kündigt Verträge. Man organisiert einen Container. Man bucht einen Flug. Man schmeißt seinen Job.
Man beginnt, endlich glücklich zu sein.
Irgendwo im Nirgendwo.
Südamerika – Bauchgefühl und Abenteuerlust
In unserem Fall: Südamerika. Denn wir begeistern uns fürs Unbekannte. Die Salar de Uyuni in Bolivien, die Iguazú-Wasserfälle an der Grenze zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay, Machu Picchu in Peru, das Ende der Welt in Patagonien: Da wollten wir schon immer hin, haben es bisher aber nicht geschafft. So viele andere Ziele auf unserer Liste und so wenig Zeit. Dabei waren wir in den Augen von Kollegen, Freunden und Familie doch eh schon ständig im Urlaub. Manche von ihnen verstehen den Unterschied zum Reisen bis heute nicht.
Der Kontinent steht, der Ausgangspunkt auch: Im Januar starten wir in Buenos Aires. Doch bevor wir überhaupt losziehen, rollt unser Abenteuerspielplatz auf vier Rädern schon voraus – dreieinhalb Wochen früher legt er in Bremerhaven ab. Während unser Auto in guter Gesellschaft auf einem Containerschiff über den Atlantik schippert, erledigen wir die letzten organisatorischen Dinge.
In Buenos Aires angekommen, werden wir akklimatisieren und dann mit der Fähre nach Montevideo übersetzen, wo wir unser Auto im Empfang nehmen. So der wohlüberlegte Plan. Erstes Zwischenziel: Patagonien. Vielleicht auch erst ein bisschen Uruguay. Oder doch die Iguazú-Wasserfälle. Oder ganz anders. So der weniger ausgereifte Plan.
Argentinien als Ausgangspunkt
Argentinien ist so riesig, dass man es fast mit einem ganzen Kontinent verwechseln könnte. Die Strecke von Nord nach Süd entspricht einer Autofahrt von Hamburg bis nach Kairo. Selbst ein Inlandsflug dauert hier länger als ein Trip von Frankfurt nach Rom. Kurz gesagt: Argentinien ist fast so groß wie ganz Westeuropa – und in dieses Land passen alle Klimazonen vom tropischen Regenwald bis zum ewigen Eis. Es ist, als hätte man ein ganzes Reise-Buffet in nur einem Land. Perfekt also für unser Vorhaben.
Zur Orientierung
- Argentinien ist rund 3.800 Kilometer lang, an der breitesten Stelle misst es etwa 1.400 Kilometer. Damit ist es rund 19 Mal so breit wie das Saarland. Oder so riesig, dass darin 390 Millionen Fußballfelder Platz hätten. Einfach ausgedrückt: Argentinien ist groß.
- Die Hauptstadt Buenos Aires liegt im Nordosten.
- Noch weiter nördlich an der Grenze zu Brasilien sind die Iguazú-Wasserfälle.
- Im Westen ragen die Anden mit dem höchsten Berg, dem Acongcagua, gen Himmel.
- Der Perito Moreno Gletscher ist Teil des patagonischen Inlandeis.
- Am untersten Zipfel befindet sich Ushuaia, südlichste Stadt Argentiniens und Ausgangspunkt für Arktisexpeditionen.
Buenos Aires und Montevideo
In Buenos Aires soll unsere Reise starten, so haben wir es uns in den Kopf gesetzt und unser erstes One-Way-Ticket überhaupt gebucht. Es gibt kein Zurück. Zeitpunkt, Verkehrsmittel und Ausgangspunkt für die Rückreise stehen noch nicht mal in den Sternen.
Viel wichtiger als das Heimkommen ist vorerst das Wegkommen. Air Europa wird uns an einem kalten, dunklen Januartag über Madrid nach Buenos Aires bringen. Die Aussichten dort: heiter bis wolkig. Nach einem kurzen Intermezzo werden wir der Großstadt so schnell wie möglich wieder entfliehen, um uns in Montevideo mit unserem Camper zu vereinen.
Auf einen Blick
- Sommer im Januar – wärmster Monat mit einer Lufttemperatur tagsüber bis zu 30 Grad, nachts um die 20 Grad
- Wassertemperatur im Januar um die 24 Grad
- Regelmäßige Flugverbindungen zu moderaten Preisen
- Montevideo, die Hauptstadt Uruguays und Ankunftsort unseres Autos, per Fähre in +/-2 Stunden zu erreichen.
Reisevorbereitung für Südamerika
Bevor einer eine Reise tut, gibt es viel zu erledigen. Vor allem, wenn es eine etwas längere Reise mit One-Way-Ticket ist. Wir sind einfach mit gesundem Menschenverstand an die Sache rangegangen und haben alles so gemacht, wie wir es für richtig halten. Ehrlicherweise ist es uns einfach ziemlich egal, welche gutgemeinten Ratschläge andere auf Lager haben oder ob sie unser Vorhaben milde belächeln und auf unser Scheitern warten.
Für uns waren folgende Dinge wichtig:
Impfungen für Südamerika
Essenziell. Wir wollen nicht irgendwo im Dschungel sitzen, vom Affen gebissen werden und dann in Panik verfallen, weil die Tollwut-Impfung fehlt. Oder Angst haben, dass so ein blöder kleiner Mückenstich im besten Fall in Knochenbrecherfieber endet und im schlechtesten Fall in einem lebensbedrohlichen Zustand.
Unsere erste Anlaufstelle ist die Reisepraxis in der Münchner Globetrotter-Filiale. Dort fühlen wir uns seit Jahren nicht nur gut beraten, auch die Impfstoffe sind auf Lager und es heißt einfach: rein damit. Die gängigen Impfungen, darunter Tollwut, Hepatitis A & B und Typhus, haben wir als Vielreisende ohnehin. Auch gegen Gelbfieber, Cholera oder japanische Enzephalitis sind wir geimpft.
Als Impfungen für Südamerika kamen für uns folgende hinzu:
Dengue-Fieber:
- Laut Robert-Koch-Institut (RKI) wird die Impfung für Menschen empfohlen, „die in der Vergangenheit eine labordiagnostisch gesicherte Dengue-Virusinfektion durchgemacht haben“. Andere Reisemediziner empfehlen die Impfung, wenn man sich längere Zeit in endemischen Gebieten aufhält.
- Es erfolgen laut RKI zwei Impfungen im Abstand von mindestens drei Monaten.
- Wir sind hin- und hergerissen, ob die Impfung wirklich so sinnvoll ist, wenn man bislang keine Dengue-Infektion durchlaufen hat. Insbesondere deshalb, weil die Impfung bei mir ziemlich gekickt hat. Von Kopf- und Gliederschmerzen über Schüttelfrost bis hin zu generalisiertem Hautausschlag vom Feinsten war nach der ersten Impfung alles geboten. Dazu war die Injektionsstelle am Oberarm über mehr als eine Woche rot, heiß und schmerzhaft. Von der zweiten Impfung war fast nichts zu spüren. Trotzdem: Wenn diese abgeschwächten Symptome ein Vorgeschmack auf einen echten Krankheitsverlauf waren, verzichte ich dankend.
- Eine Medizinerin äußerte uns gegenüber, dass die Impfung nicht ganz ohne ist und sie sich lieber bei einer Erkrankung behandeln lässt, als sich impfen zu lassen. Im Nachhinein hätten wir uns diese Impfung wohl doch lieber gespart.
Chikungunya-Fieber:
- Seit Juli 2025 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Reiseimpfung gegen Chikungunya-Fieber zum Beispiel für Personen, die einen längeren Aufenthalt (mehr als 4 Wochen) in Endemiegebiete planen.
- Es genügt laut RKI eine Impfdosis.
- Wir haben uns nach längerer Recherche und einem Gespräch mit dem Hausarzt/Reisemediziner gegen die Impfung entschieden.
Ziel ist es, Erkrankungen und schwere Krankheitsverläufe zu reduzieren. Es geht also nichts über einen prophylaktischen Mückenschutz.
Zu beachten:
Die Mücken, die Dengue-Fieber und Chikungunya-Fieber übertragen, sind tagaktiv. Sie sind von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang unterwegs – ständig sirrend auf der Suche nach der nächsten Blutbar.
Auslandsreisekrankenversicherung für Südamerika
Unsere bisherige Auslandskrankenversicherung deckt Reisen nur bis sechs Wochen ab. Für einen längeren Auslandsaufenthalt muss also eine spezielle Versicherung her. Nach ausführlicher Recherche haben wir uns für die Auslandsreisekrankenversicherung Young Travellers bei Hanse Merkur entschieden. Der Professional Tarif deckt all die Dinge ab, die uns wichtig sind, inklusive Heimtransport im Falle eine Falles.
Uns hat auch die Frage beschäftigt, wie und ob wir unsere normale freiwillig gesetzliche Krankenversicherung kündigen können. Unter Vorlage der Auslandsreisekrankenversicherung, die als private Krankenversicherung gilt, und unserem One-Way-Ticket war das kein Problem. Schon bei Antritt der Reise ist es wichtig, sich damit zu beschäftigen, was nach der Reise ist. Dann muss man einen Nachweis erbringen, seit wann man wieder in Deutschland zurück ist.
Folgendes ist vor und nach der Reise wichtig:
- Wir haben eine Anwartschaft bei der Krankenkasse abgeschlossen, sodass wir nach unserer Rückkehr wieder problemlos in unsere Versicherung aufgenommen werden.
- Wir müssen mindestens drei Monate außer Landes sein, damit eine Anwartschaft möglich ist. Kommen wir vorher zurück, müssen wir rückwirkend die vollen Versicherungsbeträge nachzahlen.
- Um nach unserer Rückkehr wieder in der Krankenkasse versichert zu sein, benötigen wir einen Nachweis, ab wann wir wieder in Deutschland sind. Die eindringliche Empfehlung der Krankenkassen-Mitarbeiterin: Rückflug-Ticket aufheben!
- Da wir Deutschland erst einige Tage nach unserem letzten Arbeitstag in einem Angestelltenverhältnis verlassen, müssen wir uns für diese Zeit noch selbst versichern und bei der Krankenkasse dafür eine entsprechende Auskunft über unsere Einkünfte ausfüllen.
Cash in der Täsch
Hier geht es weniger um Cash als um die Tatsache unterwegs verlässlich an Geld zu kommen. Ein Update zu unseren bevorzugten Kreditkarten folgt.
Internationaler Führerschein
Viele Länder zu bereisen, bedeutet viele Führerscheine mitzunehmen. In Summe: drei. Den deutschen und zwei internationale Führerscheine. Auch wenn es heißt, dass manche Länder bei einem touristischen Aufenthalt den deutschen Führerschein anerkennen, gehen wir gerne auf Nummer sicher. Typisch deutsch eben.
Internationaler Führerschein für Argentinien, Chile, Mexiko:
- Hier benötigt ihr den internationalen Führerschein nach dem Pariser Abkommen von 1926.
- Dieser internationale Führerschein ist ein Jahr gültig.
- Der Führerschein kann nicht verlängert werden.
- Er ist als Übersetzung des normalen deutschen Scheckkarten-Führerscheins zu verstehen und nur zusammen mit diesem gültig.
- Diese Variante wird auch in folgenden Ländern anerkannt: Ägypten, Indien, Libanon, Sri Lanka, Syrien, Türkei, Vereinigtes Königreich.
Internationaler Führerschein für Bolivien, Peru, Paraguay, Uruguay und den Rest der Welt:
- Für diese Länder benötigt ihr den internationalen Führerschein nach dem Übereinkommen über den Straßenverkehr vom 8. November 1968.
- Dieser internationale Führerschein ist drei Jahre gültig.
- Der Führerschein kann nicht verlängert werden.
- Auch dieser Führerschein ist nur zusammen mit dem nationalen Scheckkarten-Führerschein gültig.
Internationalen Führerschein beantragen
- Um den internationalen Führerschein ausstellen zum lassen, benötigt ihr ein biometrische Passbild – nicht digital und nicht als Data-Matrix-Code, sondern als ganz normales Papier-Passbild.
- Wenn ihr beide internationalen Führerscheine benötigt, braucht ihr zwei Passbilder.
- Beide internationalen Führerscheine werden direkt vor Ort in der Führerscheinstelle ausgestellt.
- Die Kosten je Führerschein liegen in München bei rund 16 Euro.
- Für dieses Geld bekommt ihr einen grauen Lappen, schlecht zusammengetackert und etwas aus der Zeit gefallen.
Digitale Kaffeekasse
Unsere aktuelle Reise führt uns quer durch Südamerika – über endlose Straßen und die Anden bis ans Meer. Wenn dir unsere Geschichten gefallen, freuen wir uns über Großes, Kleines, klein Gefaltetes oder einfach eine digitale Spende über PayPal. Das hilft uns dabei, weiter unterwegs zu sein und unsere Reisegeschichten mit dir zu teilen. Danke für deine Unterstützung!

