Aller Anfang
Als ambitionierter Taucher und Tauchlehrer beim Verband Deutscher Sporttaucher muss mindestens einmal im Jahr ein Urlaub unter Wasser geplant werden. Nachdem die interessantesten Tauchspots meistens per Speedboot oder auch mit größeren Tagesbooten oder stattlichen Safarischiffen angefahren werden, habe ich schon immer einen Bezug zum Fahren auf dem Wasser.
Als Kind haben mich meine Eltern fast jedes Jahr ins damalige Jugoslawien mitgenommen, wo wir viel Zeit segelnd oder motorbootfahrend auf dem Wasser verbracht haben. Ein Urlaub wird erst richtig schön, wenn man ihn auch auf dem Wasser verbringt. Warum dann nicht mal den Einsteiger-Schein in Form des Sportbootführerschein See angehen? Man weiß ja nie, wofür man den brauchen kann.
Sportbootführerschein See, Binnen & mehr
Auf der Online-Plattform von Rolf Dreyer bin ich auf eine sehr einfache und günstige Möglichkeit gestoßen, nicht nur für den Sportbootführerschein (SBF) See, sondern auch für weitere Scheine lernen zu können. Also habe ich mich damit ködern lassen, dass mit diesem Online-Kurs eine Bestehensgarantie gegeben wird. Und Rolf Dreyer sollte recht behalten. Ein paar Wochen später und nach ein paar Kreisen und einem etwas sehr sportlichen Anlegemanöver mit dem Motorboot auf dem Starnberger See, war ich stolzer Besitzer des offiziellen Sportbootführerscheins zum Befahren von Küstengewässern und Binnengewässern, aber auch zweier Funkzeugnisse und dem Pyro-Schein. Wenn, dann nehme ich schon alles mit, was ich bekommen kann.
Den Erfolg musste ich natürlich mit einem damaligen Arbeitskollegen teilen, der mit seiner Cheri ein nettes, kleines Segelboot in einem Hafen an der Ostsee liegen hat. Nach ein paar Wochenend-Törns auf Cheri, einem Törn mit einer gecharterten Hanse 460 in dänischen Gewässern und einem Kanaren-Hochseetörn war ich angefixt, auch wenn es mir permanent übel war. Der nächste Schein muss her, damit ich mehr Ahnung von der ganzen Materie bekomme und verstehe, was Ree, rund Achtern, fieren heißt und was es bedeutet, die Reffkausch in den Reffhaken am Lümmelbeschlag einzuhängen.



Mit dem SKS geht es weiter
Nach kurzer Recherche, welche Bootsschule als nächstes einen Praxistörn für den Sportküstenschifferschein (SKS) anbietet, bin ich auf JoJo Wassersport in München aufmerksam geworden. Nach ein paar E-Mails und einem kurzen Telefonat bin ich kurzfristig in einen Kurs in Kroatien gerutscht und schon drei Tage später stand ich an Bord der Scandaleux in Portorož in Slowenien. Zusammen mit vier weiteren Teilnehmern und unserem Skipper habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass man auf einem Segelboot auf Privatsphäre und Luxus verzichten können muss. Aber man gewöhnt sich an alles und nach zehn Tagen intensiven Übens von Boje-über-Bord-Manövern und vielen Kreisen auf dem Wasser drehen, hatten wir eine toll funktionierende Gemeinschaft und konnten auf schöne gemeinsame Tage zurückblicken, auch wenn es sehr anstrengend war.
Es kam kurz Panik an Bord auf, als es hieß, dass die Prüfer uns aus Zeitmangel spontan schon einen Tag früher prüfen wollen. Aber nach einer kurzen Stärkung haben wir gezeigt, was wir die letzten Tage gelernt haben und es haben natürlich alle bestanden.

Jetzt hatte ich aber ein neues Problem: Die theoretische Prüfung muss ich auch noch bestehen. Und diesmal ist es nicht nur ein Multiple-Choice-Test, sondern eine richtige Prüfung mit Navigation in einer Seekarte und Fragen frei beantworten. Das erweiterte notwendige theoretische Wissen habe ich mir mit den Büchern aus dem Delius Klasing Verlag aufgeladen und den Lerninhalt mit einer App auf dem Smartphone vertieft. Zum Glück ist der Fragenkatalog bekannt und nach einiger Zeit dann verfestigt, sodass die Prüfung kein Problem mehr war. Mit dem SKS in der Tasche sollte es jetzt erstmal reichen, habe ich mir gedacht, aber auch nur, weil ich von unseren weiteren Plänen noch nichts ahnte.
Erstmal Erfahrung sammeln
Unsere Pläne, erstmal für ein paar Monate mit dem Rucksack durch Südamerika zu reisen und anschließend vielleicht auf ein Boot umzusteigen sind irgendwann 2025 entstanden. Andrea war bis dahin noch nie auf einem Segelboot und da macht es natürlich Sinn, vorher zu testen, ob sie damit klarkommt. Wir haben uns über JoJo eine Jeanneau Sun Odyssey 33i mit Heimathafen in Izola (Slowenien) gechartert und dazu noch einen Skipper gebucht, der mir ein ordentliches Skippertraining verpassen und die notwendige Sicherheit mit dem Umgang des Schiffes vermitteln sollte.
Wir haben einen Brückentag im Juni genutzt und sind schon ein paar Tage vorher angereist und haben in unserem Bus übernachtet. Als wir abends so dasaßen, haben wir über unsere Pläne sinniert und festgestellt, dass wir beide noch gar nicht bereit sind, uns von unserem Camper zu trennen. Damit war die Idee geboren, dass wir mit unserem Bus durch Südamerika reisen. Mehr dazu lest ihr aber hier.
Für Andrea war der Törn einfach nur zum Reinschnuppern, um die Enge an Bord und das Leben auf dem Wasser kennenzulernen. Die Rollen waren schnell geklärt. Andrea hatte richtig Spaß, wenn wir Schräglage hatten und sie sich ordentlich an den Leinen auspowern konnte. Dann bin ich wohl für die Feinarbeit zuständig – anlegen, ablegen und steuern. Wir haben beide viel gelernt und neben dem ganzen Segeln haben wir es uns auch etwas gutgehen lassen.



Und dann kommt alles ganz anders
In mir ist aber ein weiterer Gedanke gereift – wenn wir unterwegs sind, könnten wir als Tauchlehrer/-guide sicherlich ein paar Euro dazuverdienen, aber ein zweites Standbein wäre sicherlich auch nicht schlecht. Dann werde ich doch das Segeln professioneller angehen und den Sportseeschifferschein (SSS) nachlegen, mit dem ich gewerblich Boote führen darf. Mein Job war eh schon gekündigt und nachdem ich viel Zeit hatte, habe ich mich mit einer Vorlaufzeit von vier Wochen einfach mal zur theoretischen Prüfung angemeldet. Dass der Stoff so umfangreich und tiefgehend sein wird, habe ich unterschätzt und bin mit einem schlechten Bauchgefühl in die Prüfung gegangen. Aber: Drei von vier Prüfungen bestanden – top, das macht Mut.
Mein ehemaliger Kollege und mittlerweile Freund, hat zufälligerweise sein neues Boot „Strindberg“ in Schweden liegen und muss es nach einem Urlaubstörn wieder in seinen Heimathafen zurück überführen. Nachdem das alleine nicht so viel Spaß macht, sind wir das gemeinsam angegangen. Wir hatten herrliches Wetter und sind dem Regen meist davongekommen. Es war nur etwas kalt, aber dafür gibt es Ölzeug und eine gute Mütze. Bisher war ich noch nie in Schweden, aber die Landschaft und die Ruhe an der südöstlichen Küste ist sehr lohnenswert. Es gibt schöne idyllische Häfen mit Feuerstellen zwischen beeindruckenden Granitblöcken, die keine Wünsche offen lassen – es liegt Feuerholz bereit, Pappe zum Anzünden und sogar für Löschwasser ist gesorgt. Über Dänemark sind wir dann an Fehmarn vorbei nach Heiligenhafen gefahren, wo ich von Bord ging. Weil, wenn ich schon „da oben“ bin, kann ich doch auch gleich an einem SSS Praxistörn teilnehmen und sinnvoll kombinieren.



SSS Ausbildung in der Ostsee
Die Segelschule „Watt Voraus“ aus Bremen hat ihre Solveig in Heiligenhafen liegen und bietet zufälligerweise im passenden Zeitraum einen Kurs an. Um noch mal mehr Erfahrung zu sammeln, habe ich im Vorfeld des eigentlichen SSS-Törns einen Wochenendkurs zum Üben von Rettungsmanövern gebucht, der dringend nötig war. Ich merke selbst, dass mir einfach die nötige Erfahrung fehlt und es nicht ausreicht, immer nur von Kurs zu Kurs zu springen. Wie bei Allem kommt die Erfahrung mit dem selbstständigen Ausprobieren. Unser Skipper war aber sehr geduldig und ich kann mit meinem Fortschritt zufrieden sein. Wir konnten auch direkt fürs Leben lernen, nachdem wir einem Schiff helfen konnten, das sich neben dem Fahrwasser festgefahren hat.
Der eigentliche SSS-Törn war, genauso wie das vorherige Wochenende, sehr gut organisiert und man merkt, dass man es bei Watt Voraus mit erfahrenen Seglern zu tun hat, die die Ausbildung mit Herzblut gestalten. Das Ausbildungsboot wirkt auf den ersten Blick etwas in die Jahre gekommen, es ist aber technisch auf dem neuesten Stand. Es gab sogar von anderen Seglern einiges an Lob, mit welchem schönen Schiff (einer Bavaria 350) wir unterwegs sind.


Die Tage waren lang, Aufstehen um 6 Uhr mit anschließender Theorieeinheit, dann ablegen, viele Manöver-Kreise in unterschiedliche Richtungen, um dann zurück im Hafen mit einer abschließenden Theorieeinheit um 23 Uhr erschöpft ins Bett zu fallen. Zwischendrin gab es natürlich Pausen und den obligatorischen Anleger. Highlight aber war ein Dauerlieger, der bei einer unserer Anlegeübungen am Steg, mit einem Schirmchen-Drink in der Hand (noch vor 12 Uhr Mittag) auf uns zukam und betont, dass wir nicht vergessen dürfen, dass “ein Tag auf See ein verlorener Tag im Hafen ist!“ Das Gelächter war groß, da der Spruch eigentlich lautet. “Ein Tag im Hafen ist ein verlorener Tag auf See!“ – aber so ist das, wenn man tiefenentspannt durchs Leben gehen und sein Rentnerdasein genießen kann.
Wir hatten, glaube ich, richtig Glück mit unseren Prüfern. Eigentlich lautet die Devise: Beim SKS wollen die Prüfer, dass ihr besteht. Beim SSS wollen sie, dass ihr durchfallt. Das kann ich so nicht bestätigen und wir alle waren glücklich, dass wir mit der bestandenen Praxisprüfung wieder in Richtung Heimat starten konnten.
Für alles gewappnet
Abschließend fehlt mir jetzt noch die Wiederholungsprüfung für das Fach Navigation, was ich im ersten Anlauf versemmelt habe. Der nächste Termin steht im November an und ich hoffe, dass ich damit das Kapitel Segelkurse abschließen kann – oder doch noch den Sporthochseeschifferschein (SHS) nachlegen? Damit gibt es dann keine Beschränkung mehr und ich dürfte sämtliche Weltmeere gewerblich befahren. Den Long-Range Funkschein für die Kommunikation über Kurzwelle und Satellit habe ich ja auch schon.
Jetzt geht es aber erstmal nach Südamerika und wer weiß, vielleicht landen wir irgendwo im Nirgendwo, fernab von Meer und Wasser, auf einer Guanako-Farm.







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